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Vier Fanclubmitglieder geraten ungewollt in
eine fantastische Welt. Sie haben einen Auftrag zu erfüllen und
treffen dabei auf drei Elben, die unterschiedlicher nicht sein
können. Die Handlung bringt neben den verschiedenen Elbenklassen und
deren Eigenheiten in Auszügen auch altgermanischen Glauben und ein
Stück Geschichte der Vorzeit in die Erinnerung zurück.
Zitat: ›Die Menschen haben verlernt, an Übersinnliches zu glauben und dabei auch ihre Begabungen dafür eingebüßt. Nur noch wenige
glauben, dass sie die Fähigkeit für Außergewöhnliches besitzen‹
Ein Tipp:
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Für mich, für meine Freunde und für
alle anderen!
Hier ist der Prolog zu meinem Buch:
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inst existierte dort, wo heute die Erde ist, ein gähnender Grund,
ein Nichts, eine graue Leere, bis ein Tropfen Wasser in diese Öde
fiel. Dem ersten folgte ein zweiter und dem hundertsten ein
weiterer, bis ein Meer voller Tropfen im Universum hing. Nur aus
Wasser bestehend und doch schon reich; das war die Erde im Altertum.
Lange Zeiträume, die man nicht ermessen kann, verstrichen und nichts
schien zu geschehen. Bald lag das Meer ruhig, dann wieder schäumte
es wild, aber niemand sah in die Tiefen und auf das, was dort
geschah. Nur Sonne und Gestirne wechselten in ihrer Wacht.
Plötzlich brach etwas Unvorstellbares hervor. Große Landmassen, die
lange unter der Wasseroberfläche geschlummert hatten, erhoben sich
gewaltvoll aus dem Meer. Gleich gigantischen Riesen lagen sie auf
dem Rücken und rangen nun um die Vorherrschaft. Laurentia erhob sich
im Westen. Grönland erschien als ihr Kopf, Kanada als ihr Leib und
Teile von Schottland bildeten die Beine der Riesin. Von Osten kam
jedoch Baltica mit hoch erhobenem Haupt daher. Sie trug Skandinavien
selbstbewusst auf osteuropäischen Schultern.
Die kleinste Riesin, fast noch ein Kind, war Ostavalonia. Kaum dass
sie auffiel neben den Giganten. Sie trug Norddeutschland und
Südgroßbritannien auf ihrem Bauch und geriet mitten zwischen die
Fronten. Als Laurentia und Baltica die kleine Ostavalonia zermalmen
wollten, rechneten sie nicht mit deren Widerstand. Tapfer kämpfte
die kleine Riesin gegen ihre großen Anverwandten und bewahrte die
ihr anvertrauten Länder so vor dem Untergang. Aber der Preis für die
Rettung des kleinen Festlandes war hoch, er forderte ihr Leben.
Laurentia vereinigte sich auf Kosten der kleinen Ostavalonia mit
Baltica und wurde zu der mächtigen Riesin Laurussia.
Doch das Opfer von Ostavalonia war nicht umsonst. Norddeutschland
und Südgroßbritannien trotzten erfolgreich den auf sie eindrängenden
Fremdgebieten. Dort, wo die Kraft versagte, übernahm der Wille die
Gegenwehr und höher und höher wuchsen die Gebirge an diesen Stellen
der Kraftprobe.
Machtvoll breitete und reckte sich die neue Riesin, in deren
Herzgegend sich unbemerkt das einstige Ostavalonia geschmuggelt
hatte. Zu klein, um die Riesin zu lenken, aber schlau genug, sich an
deren Lebensader zu laben, entging das kleine Festland jedem
weiteren Zusammenstoß mit den restlichen Landriesen. In einem
monströsen Akt vereinigten sich diese und gebaren die gigantische
Pangaea, Alleintragende der kompletten Erdenwelt.
Indes, was so gewaltsam zusammengefügt wurde, kann niemals eins
miteinander werden. Zwist herrschte im Innern von Pangaea, viel
Uneinigkeit und Disharmonie. Mal verspürte die gewaltige Riesin
Kopfschmerzen, dann quälten sie wieder Übelkeit und Muskelkrämpfe.
Von allen Unbilden und Rangeleien verschont, blieb auch hier das
kleine Festland, auf dem Norddeutschland und Südgroßbritannien lag.
Gut hatte einst die kleine Riesin für die ihr anvertrauten Länder
gesorgt. Sie platzierte sie im Herzen der Welt und dort lagen sie
noch immer.
Laurussia brach schließlich nach unsagbar langer Zeit ihre Zwangsehe
mit den anderen Landriesinnen. Das Zusammenleben war unerträglich
geworden und eine Scheidung blieb für alle der einzig mögliche Weg.
Die Trennung allerdings ging an Laurussia nicht spurlos vorbei. Von
Gram gebeugt, trieb sie einsam im Meer, bis sie innerlich zerbrach.
Doch das Leben endet nicht mit dem Tod; in einer anderen Form geht
es weiter. Kein Ende ist so umfassend, dass es nicht auch einen
neuen Anfang in sich birgt. Das Zeitalter der Riesinnen ging zur
Neige und die Ära der sechs Kontinente begann. Die Erde erschien nun
wie eine Blume. Sie öffnete sich und blühte auf. Als Herzstück
diente Europa; einziger Kontinent mit anders lautender Initiale.
Reihum die fünf A-Kontinente; wie Blütenblätter reihten sie sich
auf. Europa glich einer Perle, eingefasst wie von Götterhand,
unglaublich schön und von großem Glanz.
Herzstück im Herzen und Fruchtstand der Erdblüte bildeten noch immer
die beiden Länder von Ostavalonia. Doch während Südgroßbritannien
die alte Sehnsucht nach dem Meer ergriff, hielt Norddeutschland fest
an der unter Opfern erkämpften Lage. ›Reisende soll man nicht
aufhalten‹, besagt ein geflügeltes Wort und so trennte sich das
Schwesternpaar. Britannia schloss daraufhin einen Bund mit
Gleichgesinnten und stach in See. Germania hingegen blieb vor Ort
und ersetzte den Verlust durch neue Verbündete. Die bergigen Länder
nördlich der Alpen erwiesen sich als passend, obwohl sie einst von
einer anderen Riesin herangetragen wurden.
Da lag sie nun und das Meer umspielte das schöne, gekrönte Haupt.
Beide Füße fest an die Alpen gedrückt und um die Taille ein Gürtel
aus glühenden Vulkanen – Germania, Sinnbild einer Göttlichen,
Schöpferin ihrer Völker, Walküre und Landesmutter zugleich.
s war ein warmer Halbjahrstag, der Tag im Kalender, an dem die
zweite Hälfte des Jahres begann. Die Zeit schien reif für eine neue
Epoche zu sein. Die Tage der Götterdämmerung, in denen die meisten
der Asen starben, lagen weit zurück. Sie, die einst den Menschen und
andere Wesen erschufen, gab es nicht mehr. Niemand hauchte seither
einem neuen Geschöpf mehr Leben ein.
Lange Zeitalter verstrichen ebenfalls, in denen der feurige Gürtel
um Germanias Taille endlich zur Ruhe kam. Fruchtbares Land bedeckte
alte Lavaflächen und ernährte eine üppige Pflanzenwelt. Da beschloss
die Landesherrin, den einsam auf ihr lebenden Menschen noch weitere
Geschöpfe zur Seite zu stellen. An diesem sommerlichen Vormittag
befand sie sich in ganz besonders romantischer Stimmung. Sie
blinzelte in das Sonnenlicht, sah den fliehenden Wolken nach und
lauschte dem Klang des Wildwassers.
Gierig sog die Sonne das feine Nass zu sich herauf und übergab es
den Wolken. Dicker und höher türmten sie sich und ließen nur noch
zeitweise breite Sonnenstrahlen durch schmale Öffnungen hindurch.
Acht sonnige Bänder spannten sich nun zwischen Himmel und Erde. Sie
beflügelten die Phantasie der stolzen Landesherrin.
Doch der aufkommende Wind ließ am Himmel keinen Stillstand zu und so
bemühten sich die dicken Strahlen, den fliehenden Wolken
hinterherzujagen. Gleich einem anfahrenden Karussell, drehte sich
nun die Strahlenschar und immer dann, wenn sie in eine wasserreiche
Gegend kamen, schillerten sie kurzzeitig in allen Regenbogenfarben.
Der Augenblick der Schöpfung nahte.
Das neue Wesen, so hörte man Germania sagen,
sollte sein wie dieser Augenblick,
leicht wie die Regenbogenfarben,
rein wie das Wasser und hell wie das Licht.
In ihrer Phantasie malte die Göttliche ein Wesen,
menschengleich und doch wieder nicht.
Schöner, klüger und aufrichtiger als diese,
aber auch das reichte Germania noch nicht.
Acht schimmernde Bänder,
welch eine magische Zahl,
denn keine Feder kann jemals finden,
das Ende der Acht, kein einziges Mal.
So sollte auch das Leben der Wesen
endlos sein wie die Acht,
der Freude, dem Tanz sollten sie sich widmen
und dienen dem Frieden mit ihrer ganzen Macht. |
cht wundervolle Geschöpfe besiedelten nun zusätzlich das Land,
golden wie die Sonne glänzte ihr Haar, strahlend blau wie das
Flusswasser ihre Augen. Hell schimmerte ihre Haut und ebenso hell
ihre Kleider im Spiel der Regenbogenfarben. Friedliebend sollten sie
sein und den schönen Künsten zugewandt.
Sie entsprachen in vielem den Hellalfen, was Germania nicht ahnte.
Alfheim lag auf Island, dem nördlichsten Teil von Nordgermanien und
entging zur Götterdämmerung knapp, aber dennoch, der Zerstörung.
Niemand wusste von dem Weiterbestehen des Hellalfenreiches. Alle
glaubten an seinen Untergang und bis dorthin reichte Germanias Blick
nicht. In dem Glauben, alle schönen Dinge verloren zu haben, erschuf
die Göttliche ein neues Volk eigens für ihr Land.
Schön wie das Volk, so sollte auch sein Name sein. Zuerst dachte
Germania an die mit Schnee bedeckten Gipfel der Alpen. Doch der
Schnee wirkte ihr zu kalt und das Wort ›Alpen‹ zu hart und so suchte
sie nach besseren Vergleichen. Dabei fiel ihr auf, allein die
Verbindung zum Wasser vollbrachte es, dass solch schillernder Glanz
die sonnigen Bänder durchdrang. Der Strahlenreigen hatte vermutlich
die klare Elbe ganz leise berührt und erst in der Vereinigung von
Wassertröpfchen und Licht färbten sich diese so liebreizend und
verschwenderisch schön. Das Wort ›Elbe‹, klang dabei schon
wesentlich weicher als die Alpen zuvor.
Wie in den Naturschauspielen suchte Germania ebenso in Worten nach
dem passenden Vergleich. Ohne lange zu überlegen, fiel ihr dabei
›albus‹ ein. Dieses lateinische Wort traf vieles. Es stand für weiß
gekleidet, hell strahlend, Glück bringend und heiter. Treffender
konnte die Beschreibung nicht sein. Auf jeden Fall sollte auch
dieses Wort mit als Pate für die neuen Naturgeister stehen.
Eine Kleinigkeit fehlte der Landesherrin zu ihrer Zufriedenheit
jedoch immer noch. In all den Dingen, die sie bislang erwogen hatte,
steckte kein einziger Funke Leben. Sie sah sich in der Tierwelt um
und suchte dabei nach etwas Edlem; hell musste es sein, nach
Möglichkeit anmutig und dem Wasser nicht abgeneigt. Schon fragte
sich die Göttliche, ob es auf germanischem Boden wohl solch ein Tier
gab, da fiel ihr Blick auf einen kleinen See. Ein Schwan hob sich
hell vor dichtem Ufergrün ab. Elbez hieß Schwan auf
Mittelhochdeutsch und der Ausdruck war treffend, wie auch der
Vergleich; elegant das Wesen, gleitend die Bewegung und strahlend
hell die gesamte Erscheinung.
Spontan entschied sich Germania für den Schwan als Stammeszeichen
dieser neuen Geschöpfe, nur bei deren Namen konnte sie sich nicht
entscheiden. Schließlich legte sie fest, dass, entgegen aller Norm,
diese lichten Naturgeister zwei Namen tragen durften. ›Elben‹ im
allgemeinen Sprachgebrauch und im besonderen Althochdeutsch ›Alben‹,
beides sollte gleichermaßen richtig sein, und damit auch wirklich
kein Fremder diese sonnigen Wesen als Menschen ansah, erhielten sie
leicht gespitzte Ohrmuscheln und trugen jeweils nur vier Zehen an
jedem Fuß.
Glücklich lehnte sich die Göttliche zurück und betrachtete ihre
allererste Schöpfung. Sie ahnte nicht, wie ähnlich ihre Elben den
Bewohnern von Alfheim sahen. Selbst einer der von ihr erwählten
Namen traf fast den ihren. Sei es aus Sehnsucht nach dem Verlorenen
geschehen, oder aus der ähnlichen Gestalt der Wesen heraus, es blieb
sich gleich. Eine andere Namensgebung träfe das Wesen dieser
strahlenden Geschöpfe nicht.
Das neue Volk zeigte sich in vielem dem Menschen sehr ähnlich.
Allerdings würde kaum ein Mensch jemals so golden glänzende Haare
und so meerblaue Augen haben. Die auffallend helle Haut wäre nur
dann für einen Nichtelb möglich, wenn dieser sich ein Leben lang der
Sonne fernhielte. Allein die Elben sonnten sich sogar im Glanz der
Strahlen, ohne jemals das Weiß ihrer seidenen Haut zu verlieren.
Alles in allem zeigte sich Germania sehr zufrieden. Äußerlich und
von seinen Wesenszügen her hatte sie nahezu perfekte Geschöpfe
erschaffen. Nur einen Makel besaßen diese Naturgeister. Wandernd wie
einst die Sonnenstrahlen, würden auch sie etwas unstet sein. Ein
weiteres Volk, ganz bodenständig, wäre als Ausgleich nicht schlecht.
Vielleicht noch etwas mehr dem Ernst verbunden und ebenso dem
Handwerk, des Germania hoch schätzte. Suchend schaute sie sich nach
einer entsprechenden Eingebung um, doch nichts von dem, was sie sah,
erfüllte ihre Vorstellung.
er Halbjahrstag neigte sich schon dem Ende zu und die Sonne färbte
sich satt in ihr alltägliches Abendgewand. Mit goldenem Schleier
bedeckte sie damit das gesamte Germanenland.
Dies Land war größer als Germania selbst. Es umfasste alle jene
Gebiete und Stämme, die sich selbst als zu diesen zugehörig
bezeichneten. Germanien begann nördlich der Alpen und erstreckte
sich in einem breiten Gürtel weit über Skandinavien hinaus bis nach
Island. Die schöne Landesherrin selbst lag in Südgermanien, doch sie
konnte unmöglich die anderen Länder benachteiligen. ›So soll es
sein‹, entschied Germania, ›die neuen Geschöpfe werden Teil all
dieser Gebiete sein.‹
Im Augenblick der Entscheidung fiel
ein Tropfen Harz in einen Bach als Ziel.
Da schwamm er nun, der änderliche Tropf,
doch formten sich Gliedmaßen und ein Schopf.
Es schien, als ob der Harztropf lebte,
denn flüssig war der Bernstein noch,
der sich mit jeder Welle regte,
nur wahre Gestalt fehlte dem Wesen noch.
Kein Zufall war es, Sinn hat’s gegeben
was just in diesem Moment geschah.
Ein zweiter Naturgeist erwachte zum Leben
im Lande von Germania.
Das Wesen sah dem Bernstein ähnlich,
denn dessen Farbe trug Aug und Haar,
der Glanz desselben, fast unmöglich,
so formvollendet und wunderbar. |
uch nach diesem Schöpfungsakt lehnte sich Germania wieder zurück.
Mit dem neuen Wesen zeigte sie sich ebenfalls auf das Höchste
zufrieden. Dabei fiel ihr allerdings die Ähnlichkeit desselben zu
den anderen Elben auf. Etwas unbedachte hatte Germania die annähernd
gleiche Gestalt vergeben, nur dass die einen mehr dem überaus
schlanken Sonnenstrahl glichen und die anderen eher dem sanft
geschwungenen, länglichen Harztropf. Zu ihrer Entschuldigung führte
die Landesherrin an, beide Naturwesen stünden jeweils mit Wasser und
Sonne in Verbindung, wenn auch die einen mit der hellen
Vormittagssonne und die anderen mit der goldwarmen Sonne des Abends.
Kurzerhand beschloss Germania aus diesem Grund, das zweite Geschöpf
ebenfalls den Elben oder Alben zuzuordnen. Glücklicherweise vergab
sie zu deren Unterscheidung einen etwas anders gearteten Charakter.
Hinzu kam die auffallend andere Tönung, die Letztere ausmachte. In
dem Braun ihrer Augen spiegelte sich der Bernstein ebenso wider wie
auf ihrem dunkleren Haar. Selbst ihre Haut schien sanft getönt zu
sein.
Da Germania eine gerechte Landesmutter war und aus ihrer Erfahrung
heraus jeden Zwist vermeiden wollte, gab sie auch diesen Elben die
Gunst der Unsterblichkeit. Ebenso sollte das zweite Volk, so wie das
erste, zu acht auf germanischem Boden weilen. Es bekam zudem der
Ohren leicht gespitzte und einen fehlenden Zeh als Zeichen der
gleichen Rasse. Eine Sorge allerdings quälte die Göttliche noch,
beide Völker trugen denselben Namen. Deswegen setzte sie einfach das
Licht vor den einen Elb und das Harzdunkel vor den anderen.
Stammeszeichen dieses farbigen Volkes konnte demnach nur der
schwarze Bruder des Schwanes sein, obwohl der in seiner Farbe den
goldenen Wesen nicht glich. Alle anderen Eigenschaften jedoch
symbolisierte der schöne Vogel vortrefflich.
Da ergab sich für die Landesherrin ein neues Problem, die Frage nach
dem Wohnort für diese Völker. Schnell entschied sich Germania dafür,
die Harzdunkelelben in irdischen Höhlen und Felsklüften wohnen zu
lassen. Sie besaßen die handwerkliche Gabe, um sich solche Stätten
wohnlich und hell einrichten zu können.
Die Elben des Lichtes hingegen sollten auf Erden weilen, in
naturreichen Gebieten zum Schutz derselben und des Landesfriedens.
Wegen der überwiegend ungeschützten Lage machte sie die Elben
unempfindlich gegenüber Naturunbilden und da sie über keinerlei
handwerkliche Fähigkeiten verfügten, schenkte Germania ihnen einen
Platz für ihre Treffen und Feste – einen prachtvollen Elbenpalast
inmitten dichter Wälder und verzweigter Wasserarme.
Während dieser zeitaufwändigen Überlegungen brach die Nacht über das
Germanenland herein. Die Landesherrin fragte sich nun, ob nicht auch
diese Tageszeit einen ihr eigenen Naturgeist bekommen sollte.
›Ein Wesen der Nacht, wie müsste dies sein?‹, fragte sich ratlos die
Herrin. Aber während sie dachte, noch gar nicht formte, erschuf sie
es gänzlich ungewollt. Das dritte Geschöpf, bereits fertig noch vor
dem Entschluss, es je zu beleben, besaß weder Fähigkeiten noch
jegliche Schönheit. Diese hatte Germania schlichtweg vergessen und
säte damit sogleich die Missgunst auf die schönen Geschöpfe des
Tages. Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte das unbändige
Wesen nicht selbstständig in den Schöpfungsakt eingegriffen.
ogar in seiner Lebensdauer zeigte sich die Landesherrin
unschlüssig. Eines jedoch stand schon vorher fest; dieses Geschöpf
sollte keinesfalls unsterblich sein. Ungewollt bekam es leider ein
langes Leben, das es sich durch eine List erschlich. Einen vagen
Gedanken der Herrin ausnutzend, ergriff das unbändige Wesen diese
wertvolle Gabe und mit ihm drei weitere missratene Gefährten aus
nicht zu Ende gebrachten Überlegungen.
Erschrocken hielt Germania inne, als sie sah, ihre Eingebung lebte.
Sehr dunkel und hässlich und unausgereift, nahezu grotesk, schlichen
sich vier schwarze Kleinelben mit abstehenden Spitzohren davon. Wie
den anderen, fehlte ihnen ebenso jeweils ein Zeh.
›Dem nur nicht folgen‹, dachte Germania und formte bewusst an den
weiteren sorgfältig herum. Doch so sehr sie sich auch mühte, das
Wesen zu richten, der dickköpfige Charakter ließ sich kaum noch
beeinflussen. Gestalt und Antlitz hingegen gelangen ihr halbwegs im
Nachhinein. Wenn man von der possierlichen Größe einmal absah, sahen
die letzten der Wesen recht menschenähnlich aus. Etwas klein und
pummelig zwar, zudem mit wildem Haar, aber wenigstens besaßen sie
dieses, während die ersten vier Wesen glatzköpfig geblieben waren.
Leicht fiel es diesmal der Herrin, passende Namen für diese
Gestalten zu finden. Die ersten sollten Schwarzelben heißen, denn
sie entsprangen einer Mischung aus alten und neuen Gedanken. Doch
die folgenden fünf nannte sie ›Zwerge‹ zum Zeichen ihres Abstandes.
Niemand sollte sie je mit den Missratenen verwechseln müssen. Die
kleinen Erdgeister unterschieden sich von ihren Anverwandten nicht
nur in der hübscheren Erscheinung. Germania gab ihnen auch Wissen
und ein besonderes handwerkliches Geschick. Hinzu kam eine gehörige
Portion Witz und Humor, damit sie ihr Schicksal ertragen konnten.
Da Germanias Schöpfungsakt gestört worden war, lag bei den
Nachtgeistern die Geschlechtsverteilung im Argen. Während bei den
Elbenvölkern des Tages die Männer und Frauen zu gleichen Teilen auf
Erden weilten, blieben die vier Schwarzelben allesamt männlich. Die
fünf Zwerge waren ursprünglich ebenfalls männlich gewesen, doch die
Landesherrin bemerkte hier noch rechtzeitig ihren Fehler. Das
Geschlecht nachträglich zu wandeln, machte Probleme und gelang ihr
nur bei dem letzten der Zwerge. Aus diesem Grund trug die
Zwergenfrau auffallend männliche Züge. Ihre Haare wuchsen extrem
dicht, wenngleich die Länge des Bartes nie über Stoppeln hinausging.
Auch ein Stammestier wies die Göttliche den kleinen Erdgeistern zu
und fand sofort den richtigen Gefährten. Die kleine nachtaktive
Fledermaus, Bewohnerin der unterirdischen Stollen, schien wie kein
anderes geeignet dafür. Die Schwarzelben jedoch blieben wappenlos
als Strafe für ihr unmanierliches Benehmen.
Der Zwerge Leben hatte, wie das der Fledermaus, vollkommen untertage
zu sein. Was Germania aber wieder nicht sorgfältig bedachte: Es gab
dort unten Schätze in großer Fülle. Diese entsprechend bearbeitet,
bargen gewaltige Kräfte und ausgestattet mit einem klaren Verstand,
würden die Zwerge sie zu nutzen wissen. Allein an jeder geschaffenen
Kostbarkeit hinge ein Fluch, wie sich später zeigen sollte.
Die Missratenen hingegen, bar jeden Verstandes und jeden Geschicks,
verschluckte der Erdboden, noch bevor die Herrin des Landes sich
auch nur versah. Doch die Hoffnung, dass Dummheit sie hat fallen
lassen, erfüllte sich nicht. Geschaffen wie die Zwerge aus dem
schwarzen Basalt der Vulkane, kehrten sie vorerst nur in das Innere
der Erde zurück.
in Tag, der so gut und erfolgreich begonnen hatte, ging nun mit
sorgenvollen Gedanken der Herrin zur Neige. Ob wohl dereinst
gleichfalls den Göttern manch eine Schöpfung misslungen war? Schon
damals gab es dunkle und schwarze Elben im Land. Ebenso Zwerge, die
mal Elben und mal Zwerc genannt wurden.
Üblen Charakter trugen vor allem die Schwarzelben und unschönes
Äußeres zudem. Germania fragte sich im Nachhinein, wie konnte das
damals bei den Göttern geschehn?
War dies gewollt oder glitt auch ihnen der Schöpfungsakt aus der
Hand? Niemand kann es mehr sagen, denn die Asen, sie starben und gar
niemand vermag es, Wotan’s Geist zu befragen.
ie wieder, so schwörte Germania, würde sie es wagen sich zu
betätigen wie an diesem Tag. Ihr Blick ruhte fortan nur prüfend auf
Land und Leuten und dem, was sich in Zukunft hier abspielen mag.
Auch Neuankömmlinge bemerkte sie schließlich, doch diese kamen von
anderswo her. Einen Fehler beging man lieber nicht wieder, am besten
wirklich nimmermehr.
Zukunftsreime
Von allen Geschöpfen sind es die Elben, des Lichtes und der
Harzdunkelheit, die sich nicht ändern, da einmal geschaffen für
immer und die Ewigkeit.
Nur wenn ein fremd Wesen durch Vermählung kommt in die Reihen, dann
änderst die Art; kann sein die Farbe, kann sein die Begabung, kann
auch sein die Eigenart.
Sie, die Unsterblichen, leben noch immer, wenn niemand ihnen zu nahe
kam. Tödlich verletzt oder mit gebrochenem Herzen, stirbt selbst ein
unsterblich Elb vor Gram.
Jedoch die Possierlichen, erweckt vor Vollendung, deren Leben nicht
ewiglich währt. Die können sich ändern oder entwickeln, je nachdem,
wie man dort verfährt.
Die Generationen folgen dort schnelle, was sie auch bringen, wir
werden es sehn. Auch die Gesinnung kann sich noch ändern, weil der
Lücken gar viele im Charakter bestehn.
Auf wen sie auch treffen, der wird entscheiden, in welche Richtung
sie weiterhin gehn. Hoffentlich wendet sich alles zum Guten, damit
uns nicht wird noch das Lachen vergehn.
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